Anlegerbrief

Anlegerbrief Oktober 2021

Die Inflation zieht seit Wochen an. Die Notenbanken realisieren, dass sie was tun müssen. Die Amerikaner starten mit ersten Maßnahmen. Lesen Sie außerdem, wie man mit Herz und Verstand sinnvoll in Aktien investiert und warum man bei den vermeintlichen Billig-Angeboten von Neo-Brokern genauer hinschauen sollte.
Dr. Marc-Oliver Lux
October 13, 2021
Der Dr. Lux & Präuner Anlegerbrief

Inhalt

Börse aktuell: Ab November wird getapered

Die Zinsampel springt auf Gelb: Die US-Notenbank FED hat zuletzt signalisiert, dass sie ihre Anleihekäufe voraussichtlich ab November zurückfahren wird und somit mit dem in der Finanzwelt bekannten „Tapering“ startet – unter der Bedingung, dass die Arbeitsmarktdaten stimmen und bestimmte Fortschritte bei den Inflations- und Wachstumszielen erfüllt sind.
Gleichzeitig hat die FED ihre eigene Inflationsprognose erhöht. Mit einer ersten Zinserhöhung ist im Laufe des nächsten Jahres zu rechnen. Offensichtlich ist auch die FED immer weniger davon überzeugt, dass der Inflationsdruck schnell nachlassen wird.
Dennoch wird in den USA ab 2023 bisher nur ein moderates Tempo an Zinserhöhungen prognostiziert. Dies deutet darauf hin, dass die Amerikaner davon ausgehen, dass langfristig wieder deflationäre Kräfte in den Vordergrund treten werden. Mit dieser Kommunikationsstrategie soll wohl auch vermieden werden, dass die kürzeren Zinslaufzeiten zu stark anziehen, wodurch wiederum der Wirtschaft Zeit für Wachstum gegeben wird.

Trotz einer insgesamt noch entspannten Einschätzung ist auch die Europäische Zentralbank EZB nicht mehr so sicher, was die Dauer der Inflation angeht. Die EZB war bislang davon ausgegangen, dass der diesjährige Inflationsschub nur vorübergehend sei und die mittelfristigen Prognosen immer noch weit unter dem Zwei-Prozent-Ziel liegen werden. Laut Protokoll der vergangenen Sitzung wurde das nun offenbar in Zweifel gezogen, da sowohl die Gesamt- als auch die Kerninflation im Vergleich zu den jüngsten EZB-Projektionen nach oben überrascht hätten. Daher geht auch die EZB mittlerweile davon aus, dass die derzeitige Preisdynamik nächstes Jahr nicht völlig abklingen wird. Von Alarmismus sei man aber noch weit entfernt.
Die Inflationserwartungen im Markt sind für die nächsten Jahre hingegen ohnehin höher. Private Haushalte haben angesichts teilweise explodierender Immobilien-, Energie- und Lebensmittelpreise schon längst den Glauben an eine stabile Inflationsentwicklung verloren. Mit dem Tapering können die Notenbanken zumindest etwas Zeit gewinnen, die Lage weiter zu beobachten und die ungeliebten Zinserhöhungen hinauszuschieben. Auf das preistreibende Problem aus stockenden Lieferketten und Personalengpässen haben die Notenbanken jedoch wenig Einfluss.


Auch wenn das Tapering der FED eine Zäsur darstellt in einem „There is no Alternative (für Aktien)“-Umfeld - die Frage, wo die Reise kurzfristig hingeht, ist klar: zu etwas höheren langfristigen Renditen. Da jedoch die Anlegerwelt geradezu nach sicheren, renditeträchtigen Anlagen lechzt, dürfte der Renditeanstieg zunächst überschaubar bleiben.
Damit dürfte auch zuviel Angst vor dem Tapering und vor einer breiteren Konjunkturabschwächung unbegründet sein. Thema wird das erst, wenn die Notenbanken die Zinszügel straffer anziehen.

Aktien mit Herz und Verstand

Aktien: Mit Herz und Verstand

„Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen“ – wie wahr, aber letztlich keine Hilfe, bei der Frage, wann man am besten in den Aktienmarkt einsteigt.
Börse hat nun mal viel mit Psychologie zu tun. Praktisch liegen nie sämtliche für eine rein rationale Anlageentscheidung notwendigen Informationen vor. Gut, wenn sich Investoren (und solche, die es werden wollen) dieser Schwächen bei der Kapitalanlage bewusst sind. Wer aber mit Herz und Verstand an die Aktienanlage herangeht, macht automatisch vieles richtig:

Meine Lieblinge
Starke Emotionen beim Kauf oder Halten eines Investments sind normalerweise gefährlich. Wer sich zu sehr in Aktien verliebt, die mehr von Hoffnung und Zukunftsmusik getragen werden, muss mit einem bösen Erwachen rechnen.
Bei Dr. Lux & Präuner wählen wir daher Aktien aus, mit denen wir uns identifizieren können und bei denen wir aufgrund eines berechenbaren Geschäftsmodells langfristig investiert bleiben können.

Der Fluch der Influencer
Mit den eigenen Emotionen ist das ja immer so eine Sache: Gerne fühlt man sich von positiven Nachrichten bestätigt und verdrängt Negatives, was die eigene Entscheidung in Frage stellt. Davon lebt das heutige Social Media. Früher waren Börsenbriefe und TV-Gurus die „Influencer“ an der Börse, heute kann sich jeder zum Börsenprofi berufen fühlen und auf irgendwelchen Plattformen mitquatschen.
Bei Dr. Lux & Präuner ignorieren wir konsequent diese Meinungsportale und machen einen großen Bogen um Werte, auf die sich die breite Masse stürzt. Die Kursentwicklung ähnelt hier oft eher unvorhersehbaren Vulkanausbrüchen als einer Kletterpflanze, der man beim Wachsen gerne zusehen möchte.

Das Haar in der Suppe
Im Zeitalter der Reizüberflutung an Informationen ist es schwierig geworden, herauszufiltern, wann der richtige Zeitpunkt für Ein- oder Ausstieg ist. Man muss sich jedoch im Klaren sein: Nachrichten liefern häufig allenfalls nachträglich eine Begründung für eine Kursbewegung. Zudem gewinnen negative Nachrichten heute mehr Aufmerksamkeit als positive. An einer Wand aus Angst steigen die Kurse jedoch viel lieber nach oben. In einer sorgenfreien Blümchenwiese würden sie stattdessen eher seitwärts plätschern.
Bei Dr. Lux & Präuner kaufen wir daher Aktien, die wir wirklich haben wollen, und nicht, weil die Stimmungslage gerade gut ist.

Konsens ist Mist
Kritisch ist es fast immer, wenn sehr viele Börsenteilnehmer die Lage und die weitere Entwicklung an den Finanzmärkten gleich einschätzen. Denn häufig hat die Herde eben nicht recht. Gerade an der Börse heißt es: „Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.“
Weil dem so ist, bleiben wir bei Dr. Lux & Präuner mit einem Grundstock an Aktien immer investiert – auch in der schlimmsten Börsenzeit. Umgekehrt investieren wir Neugelder und Liquidität möglichst in Tranchen. Es ist müßig zu glauben, den optimalen Zeitpunkt zu erwischen – den weiß man dann erst wieder im Nachhinein.

Performance ist nicht alles
Es ist eine Binsenweisheit, dass sich durch eine vernünftige Diversifikation Risiken begrenzen lassen. Auch wenn es noch so opportun scheint, alles z.B. auf die Technologiekarte zu setzen, streuen wir bei Dr. Lux & Präuner absichtlich über mehrere Branchen. Denn das Potential scheinbar „langweiliger“ Titel wird häufig unterschätzt - im Vergleich zu manch gehypten und teuren Tech-Wert. Performance ist wichtig, aber auch ein geringerer Stressfaktor kann ein Mehrwert sein.

Nicht „Gier ist gut“ – Geduld ist gut
Wer beim Aktienkauf bewusst seine Entscheidung trifft, weiß auch, wann er die Reißleine zu ziehen hat. Dann kann der typische Anlegerfehler, zu lange an verlustreichen Positionen festzuhalten, gar nicht passieren. Das Realisieren von Verlusten tut emotional weh, das Mitnehmen von Gewinnen streichelt dagegen die Seele. Genau darin liegt das Problem.
Bei Dr. Lux & Präuner wollen wir möglichst dauerhaft in unseren selektierten Aktien engagiert bleiben. Wer sich die Langfrist-Charts von Coca-Cola, Nestlé, Procter & Gamble, Mastercard etc. anschaut, wird feststellen, dass es besser war, einfach dabei zu bleiben, als Kursausschläge timen zu wollen.

Preise sind relativ
Börsenkurse bilden sich aus Angebot und Nachfrage, und natürlich ist nicht jeder Preis immer gerechtfertigt. Bei Kurs-Gewinn-Verhältnissen, die weit über dem Branchendurchschnitt liegen, ist Vorsicht angebracht. Andererseits ist der Preis nur ein Indikator und kann auch in die Irre leiten.
Eine der optisch teuersten Aktien der Welt ist die US-Holdinggesellschaft Berkshire Hathaway von Warren Buffet: Die A-Aktie kostet deutlich über 400.000 USD, da sie – im Gegensatz zu anderen Highflyern wie Microsoft oder Apple - nie gesplittet wurde. Die langfristige Performance ist dennoch bestechend und deshalb schätzen wir diese Aktie bei Dr. Lux & Präuner als gutes Basisinvestment und als Ersatz für einen Indexfonds auf den amerikanischen Markt. (Zugegebenermaßen kaufen wir aus organisatorischen Gründen die B-Aktie für unter 300 USD).


Unser Rat:
Gerade weil der Börsenzyklus nach dem Corona-Tief schon etwas fortgeschritten ist, sollte man auf Qualität setzen. Mit unserem Einzelaktien-Konzept STARKE MARKEN bieten wir bei Dr. Lux & Präuner den Zugang zum Aktienmarkt über bekannte, internationale Markenunternehmen, die über ein solides Geschäftsmodell verfügen, hohe Dividenden zahlen und langfristig aussichtsreich sind.

Neo-Broker

Neo-Broker: Große Versprechungen

Investieren mit wenigen Klicks. Börsenhandel gratis. Clever traden, nichts bezahlen. So oder ähnlich werben die Online-Portale oder Trading Apps der neuen Neo-Broker für ihre Wertpapierhandelsplattformen.

Es sei die moderne Art des Investierens in Wertpapiere – ohne lästigen Bankberater und ganz selbständig mit dem eigenen Computer oder Smartphone. Der Handel ist (beinahe) rund um die Uhr möglich – also auch außerhalb der regulären Handelszeiten. Verlockend sind vor allem die niedrigen Gebühren, die Neo-Broker dafür berechnen. Manche werben sogar mit kostenlosen Angeboten.
Anleger sollten sich aber von den Werbe¬versprechen der Neo-Broker nicht blenden lassen. Denn in Wirklichkeit sind auch diese Brokerage-Angebote nicht kostenlos. Der Neo-Broker selbst mag zwar von seinen Kunden keine Gebühren verlangen. Es entstehen aber auf jeden Fall Kosten, nur an anderer Stelle. Kunden werden nämlich mit Transaktionskosten belastet – und zwar durch die Market-Maker, an die Neo-Broker die Aufträge weiter¬leiten. Wer über Neo-Broker handelt, sollte das bedenken, vor allem wenn er gerne außerhalb der regulären Börsenzeiten handelt. Denn dann können die Transaktions¬kosten besonders hoch sein.

So funktioniert der Handel über Neo-Broker
Neo-Broker leiten Aufträge in der Regel direkt an einen Market-Maker, manchmal auch Skontroführer genannt, weiter, der die erforderliche Marktliquidität liefert und An- und Verkaufskurse, sogenannte Geld- und Brief-Kurse, stellt.
Aus der Spanne zwischen Geld- und Brief-Kurs, dem Spread, erwirtschaftet der Market-Maker eine Marge, also die Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufs¬preis. Einen Teil dieser Marge reichen Market-Maker in der Regel als Rückvergütung an die Neo-Broker weiter, damit sie weiterhin möglichst viele Kundenaufträge von dort erhalten. Im Fachjargon heißt das „Payment for Orderflow“.

Beschränktes Angebot
Weil sich das Niedrigpreis-Modell für Neo-Broker rechnen muss, haben sie meist ein eingeschränktes Dienstleistungsangebot. Zum einen ist die Auswahl der Handelsplätze, die zur Verfügung stehen, stark begrenzt. Dadurch können Kurse nur eingeschränkt verglichen werden. Zum anderen bieten Neo-Broker nicht immer alle Ordertypen für jeden Handelsplatz an. Mitunter sind klassische Limit- und Stop-Loss-Order nicht möglich. Zuweilen werden für einzelne Handels¬plätze auch nur Quote-Request-Orders ermöglicht. Kun¬den werden dann gezwungen, eine Quotierungsanfrage an den Market-Maker zu richten.
Man kann nur anraten, Entscheidungen zur Wertpapieranlage immer bewusst zu treffen und sich auch nicht von Kaufentscheidungen anderer Marktteilnehmer oder der Gestaltung der Trading-App zum Handeln verleiten zu lassen. Wertpapieraufträge sollten möglichst limitiert werden.

Wie die BaFin zu Neo-Brokern steht
Die Bankenaufsicht BaFin überwacht, ob sich Neo-Broker an die Regeln halten, die für alle Broker gelten. Aufsichtsrechtliche Erleichterungen oder Ausnahmen von verbraucherschützenden Normen gibt es auch für sie nicht. Und genau hier gibt es die meisten Kollisionen mit dem offensiven Auftreten der Neo-Broker:
So sind Neo-Broker verpflichtet, die erhaltenen Rückvergütungen gegenüber ihren Kunden offenzulegen. Da Kunden spätestens beim Market-Maker zur Kasse gebeten werden, hat die BaFin ein Auge darauf, ob die Neo-Broker dennoch mit kostenlosen Angeboten werben. Was immer noch vorkommt. Schwierig wird es, wenn die Neo-Broker im Ausland sitzen, denn dann hat die BaFin keinen Zugriff.
Zudem müssen die Rückvergütungen laut Gesetz vollständig dafür verwendet werden, die Qualität der Dienstleistung zu verbessern. Rückvergütungen dürfen grundsätzlich nicht zur allgemeinen Finanzierung des Geschäftsmodells dienen.
Wertpapieraufträge sind so auszuführen, dass für den Kunden das bestmögliche Ergebnis erzielt wird. Die Frage, an welchen Handelsplatz bzw. Market-Maker Aufträge weitergeleitet werden, soll dementsprechend also nicht von der Höhe der Rückvergütung beeinflusst sein, die ein Market-Maker zahlt. Ebenso sollen mehrere Handelsplätze zur Auswahl so präsentiert werden, dass der Kunde die in seinem Sinne beste Wahl treffen kann.


Unsere Einschätzung:
Mit klassischen Direktbanken ist jeder Wertpapieranleger gut bedient. Wer braucht da schon „Neo-Broker“? Viele dieser noch jungen Plattformen sind mit einer typischen Start-up-Denke angetreten: Geld einsammeln, schnell wachsen und disruptiv sein, indem man seine eigenen Regeln aufstellt. Doch das Bankengeschäft ist stark reguliert und nicht vergleichbar mit einem Essenslieferdienst oder einem Online-Kaufhaus. Im Zweifel bestimmt die Bankenaufsicht, wie mit dem Geld anderer Leute umzugehen ist. Diese schmerzhafte Erfahrung machen gerade einige Neo-Broker, die die BaFin auf die Watchlist genommen hat. Denn offensichtlich scheint es manchen Kandidaten hinter einem stylischen Onlineauftritt an Ernsthaftigkeit zu fehlen.

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