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Börse aktuell: Zwischen Konjunkturzuversicht und Inflationssorgen
Die Hoffnung bleibt offenbar der Treiber des Börsengeschehens: In den großen Aktienindizes finden sich schon seit längerem kaum noch Virusspuren, obwohl die zweite Corona-Welle noch allerorts wütet. Gleichwohl ist das erste Quartal häufig typisch für Kurssteigerungen.
Zuletzt bessere Konjunktursignale und eine überraschend positive Bilanzsaison lassen Strategen auch grundsätzlich optimistisch bleiben und auf weiter steigende Aktienkurse hoffen. Aus den USA schwappen wegen guter Wirtschaftsdaten sogar schon Inflationssorgen herüber, was die Börsenstimmung in den letzten Tagen etwas trübte. Die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihe übersprang erstmals seit einem Jahr wieder die Marke von 1,50%. Was im langfristigen Vergleich lachhaft klingt, bedeutet kurzfristig eine Verdreifachung der Rendite seit den Tiefs Mitte letzten Jahres.
Fed-Chef Powell sprach schon im Sommer 2020 davon, für einige Zeit eine etwas höhere Inflationsrate von leicht über zwei Prozent zu tolerieren. Eine Anhebung der Notenbankzinsen sei weiterhin kein Thema. Die Anleger fragen sich daher, ob die US-Notenbank viel später als in früheren Zeiten gegensteuern und ein merkliches Überschießen der Inflation zulassen würde. Allerdings rechnet die Fed wohl nur mit einem vorübergehenden Inflationsdruck. Eine längerfristig höhere Inflation treibt in der Regel die Anleiherenditen, macht Zinspapiere im Vergleich zu Aktien wieder attraktiver und könnte für ein Umschichten in Bonds sorgen.
Den damit verbundenen negativen Effekt auf Aktienbewertungen haben vor allem die Highflyer im Techbereich zu spüren bekommen. Werte wie Tesla sind 40% im Kurs rasiert worden. Auch der NASDAQ, das US-Techbarometer, ist immerhin 12% zurückgekommen, während die klassischen Standardwerte im Dow Jones eher seitwärts tendierten.
Selbst der DAX hat sich ausnahmsweise mal nicht aus der Ruhe bringen lassen. Nach wilden Sprüngen innerhalb einer breiten Seitwärtsrange schaffte er nun endlich mal einen größeren Ausbruch über 14.000 auf ein neues Allzeithoch. Vielleicht werden die Unternehmen im DAX auch durch den fallenden Eurokurs gegenüber dem US-Dollar gestützt. Die Gemeinschaftswährung liegt wieder deutlich unter 1,20.
Die gute globale Konjunkturentwicklung 2021/22 sollte die exportorientierten DAX-Unternehmen beflügeln. Viele Unternehmen sind offenbar besser durch die Corona-Krise gekommen als gedacht. Drei Viertel aller kontinentaleuropäischen Firmen konnten die Markterwartungen übertreffen. In den USA liegt die Quote sogar bei 79%. Die Konjunkturzuversicht unter deutschen Finanzexperten hat im Februar deutlich zugenommen. Die ZEW-Konjunkturerwartungen sind im Februar um 9,4 Punkte auf 71,2 Zähler gestiegen, auf das höchste Niveau seit September 2020.
Im Gegensatz zu den USA bleibt die Rendite der deutschen zehnjährigen Bundesanleihe aber trotz Anstieg weiter im negativen Bereich. Von dieser Seite droht somit keine Gefahr.
Private Altersvorsorge: Kein Blumentopf mit Lebensversicherungen
Wer einst hoffte, mit einer Lebensversicherung fürs Alter finanziell gewappnet zu sein, wird dieser Tage neu nachdenken müssen: Eine Studie der Ratingagentur Assekurata zeigt, dass die Anbieter wie schon 2020 fast ausnahmslos bei den Überschussbeteiligungen knausern.
Das frühere "Rundum sorglos"-Vorsorgemodell "Lebensversicherung" bröckelt. Nicht nur, dass die meisten Anbieter durch die Bank weg die laufende Verzinsung zum wiederholten Mal absenken: Auch bei der zu erwartenden Überschussbeteiligung müssen Vertragsnehmer erneut kleinere Brötchen backen, wie eine aktuelle Erhebung der Assekurata nahelegt. Fürs laufende Jahr schreiben die Lebensversicherer ihren Kunden erneut weniger Zinsen gut – wie schon 2020.
Über alle in der Studie analysierten Produktarten und Tarifgenerationen sinkt die laufende Verzinsung im Marktdurchschnitt auf 2,69% (Vorjahr: 2,74%). Vor allem bei jüngeren Verträgen ist ein spürbarer Rückgang der Verzinsung zu verzeichnen, wohingegen die Zinsen für ältere Produkte weitgehend stabil bleiben. Grund hierfür sind die höheren vertraglichen Garantien, die die Kunden damals noch erhalten haben, so dass die Überschussbeteiligung nicht darunter sinken kann. Hohe Alt-Garantien erlauben jedoch im Niedrigzinsumfeld kaum noch eine zusätzliche Überschussbeteiligung.
Konkret heißt das: Für 2021 bieten Klassik-Policen noch 2,13% laufende Verzinsung (Vorjahr: 2,29%). Rechnet man die aktuellen Sätze inklusive der in Aussicht gestellten Schlussüberschüsse auf einen 25-jährigen Mustervertrag hoch, so liegt die Beitragsrendite im Schnitt bei gerade mal 1,88%.
Ein weiteres interessantes Ergebnis der Studie: Nur knapp die Hälfte der 47 teilnehmenden Anbieter, die zusammen für gut 70% des Marktes stehen, vertreiben überhaupt noch eine klassische Police mit einem Garantiezins von aktuell 0,90%. Lebenslange Garantien bieten sogar nur noch ein Drittel der Anbieter im Neugeschäft.
Stattdessen setzen weite Teile des Marktes auf neu konzipierte Produkte, die - wie bisher - auf einer konventionellen Überschuss-Systematik sowie dem Ausgleich im Kollektiv und der Zeit basieren. Ein zentraler Unterschied liegt jedoch in den Beitragsgarantien, die herabgesetzt oder tendenziell vollständig abgeschafft werden.
Die Abkehr von der vollständigen Beitragsgarantie bei der Mehrheit der Tarife ist ein klares Signal dafür, dass sich hohe Garantien mit dem Dauerzinstief am Kapitalmarkt nicht vertragen. Immer mehr Anbieter legen ihren Tarifen mittlerweile einen individuellen Garantiezins zugrunde, der häufig bei 0,50% oder darunter liegt. Und generell dürften die Zinsen für Lebenspolicen in Zukunft weiter dahinschmelzen. Die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) hat bereits dafür plädiert, den für klassische Lebenspolicen mit garantierter Verzinsung maßgebenden Höchstrechnungszins für Neuverträge ab 2022 auf 0,25% zu senken.
Aber es kommt noch dicker: Auch die Leistungsversprechen für die Auszahlungsphase der Verträge verringern sich. Dies lässt sich daran festmachen, dass die garantierte monatliche Mindestrente sinkt, wenn Kunden in den Rentenbezug übergehen.
So kürzt beispielsweise Deutschlands größter Lebensversicherer, die Allianz, für eine Reihe von Tarifen den sogenannten Rentenfaktor. Somit müssen sich Versicherungsnehmer auf niedrigere garantierte Bezüge einstellen.
Die Allianz Lebensversicherung senkt hierzu den Rechnungszins, der eine entscheidende Größe für die Berechnung des garantierten Rentenfaktors ist, bei ihrer Privatrente von 1,75% auf 1,25%. Eine ähnliche Senkung hatte der Versicherer zuletzt vor vier Jahren vorgenommen. Betroffen sind Kunden in bestimmten Tarifen, bei denen nun ab diesen März die Auszahlphase beginnt. Von dem Schritt sind immerhin 750.000 Versicherungsnehmer betroffen. Da die Allianz mit einem Marktanteil von 30% der Branchenprimus ist, dürfte der Schritt eine Signalwirkung für die Branche haben.
Der Rentenfaktor legt fest, wie hoch das Ruhegeld eines Anlegers nach Ablauf der Ansparphase ist. Der Faktor hängt unter anderem vom Alter der Kunden und dem Rentenbeginn ab und liegt nach der Anpassung in typischen Konstellationen bei circa 30. Der Wert 30 bedeutet, dass sich aus 100.000 Euro Kapital am Rentenbeginn eine monatliche garantierte Rente von 300 Euro ergeben. Hinzu kommt noch ein Betrag aus der Überschussbeteiligung.
Der Grund für eine Senkung von Rentenfaktoren sind in der Regel Änderungen der Sterbetafeln. Wenn die Menschen länger leben, muss ein Versicherer das angesparte Kapital der Kunden länger am Kapitalmarkt anlegen. Wegen der Garantie für die Renten sind Versicherer zudem gezwungen, in sicherere Anlagen wie Staatsanleihen zu investieren, die keine oder sogar negative Verzinsungen bieten.
Unsere Einschätzung:
Mit Lebensversicherungen ist für die Altersvorsorge wahrlich kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Im Extremfall zerreißt es sogar die ein oder andere Ruhestandsplanung, wenn die garantierten Rentenbezüge kurz vor der Auszahlungsphase sogar noch abgesenkt werden. Der früher solide Rentenbaustein „klassische Lebensversicherung“ ist unberechenbar geworden. Mit jedem ETF-Sparplan ist man besser bedient und flexibler.
Alternative Investments: Läuft Bitcoin Gold den Rang ab?
„Wofür Gold Jahre braucht, macht der Bitcoin in Tagen.“ So ähnlich könnte man die Kursentwicklung der letzten Monate in der Kryptowährung Bitcoin zusammenfassen.
Gold hatte im August 2011 nach einer mehrjährigen Rallye ein Hoch über 1.900 USD erreicht. Danach ging es viele Jahre abwärts, fast bis an die 1.000er-Marke zurück, immerhin eine Korrektur um fast 50%. Erst ab Mitte 2018 beschleunigte sich der Goldpreis wieder und erreichte zwei Jahre später ein neues Allzeit-Hoch über 2.000 USD. Seither geht es schon wieder gegen Süden.
Noch schwankungsträchtiger zeigt sich der Star der Kryptowährungen, der Bitcoin, eine dezentrale Verrechnungseinheit, über die es immer noch Diskussionen gibt, inwieweit es überhaupt als Währung einzustufen ist, auch wenn es immer mehr als Zahlungsmittel eingesetzt werden kann. Lange Zeit waren Kryptowährungen nur technik-affinen Freaks oder eingefleischten Skeptikern unseres klassischen Währungssystems ein Begriff. Zunehmend gewinnt der Bitcoin aber allgemeine Aufmerksamkeit und wird zum Mainstream-Thema. Das liegt natürlich vor allem an den fulminanten Kurszuwächsen. Die Technik hinter dem Bitcoin, die Blockchain, ist stattdessen kompliziert und vielen Anlegern nach wie vor suspekt.
Ende 2017 erreichte der Bitcoin sein erstes signifikantes Hoch knapp unter 20.000 USD – wohlgemerkt startete der Bitcoin 2010 bei quasi Null. Auch hier folgte dann zunächst eine Abwärts-/Seitwärtsphase über zwei Jahre, die den Bitcoin-Kurs auf zweitweise deutlich unter 4.000 USD drückte – bis zu 80% Verlust musste man aushalten. Wer durchhielt oder neu einstieg wurde mit einer neuen Kursrallye belohnt, bei der sich der Bitcoin-Kurs innerhalb von nicht mal 12 Monaten auf einen neuen Höchststand von über 58.000 USD mehr als verzehnfachte.
Renditemäßig verblasst da der Schein des Goldes, aber alles hat natürlich seinen Preis: das ist die Volatilität im Bitcoin. Innerhalb weniger Tage sind schnell mal 20% Kursgewinn oder -verlust drin. Und dann wird der Bitcoin auch noch rund um die Uhr, also auch am Wochenende, gehandelt. Das macht es schwer, den optimalen Ein- oder Ausstiegszeitpunkt zu finden.
Eine Parallele zu Gold liegt darin, dass sich der Bitcoin grundsätzlich unabhängig zu Aktienkursen verhält, nicht unbedingt konträr, aber auf alle Fälle nicht im Gleichschritt. Von Edelmetallen kennt man diese „Unkorreliertheit“ mit Aktien und Zinsen schon länger und sie macht sie interessant als separate Anlageklasse, um Risiko in einem Depot besser zu streuen. Grundsätzlich gilt dieser Gedanke wohl auch für Kryptowährungen, doch die hohen Schwankungsraten stehen einer echten Risikodiversifikation im Weg. Eine kleine Bitcoin-Position im Depot kann aufgrund der Kursentwicklung auf einmal schnell ein sehr großes Gewicht einnehmen und die Depotzusammensetzung und -entwicklung verzerren. Das Phänomen ist auch bei einigen Investmentfonds zu beobachten, die neben Aktien auch in Kryptos investieren. Oft resultierten dann hervorragende Fondspreisentwicklungen aus einer Bitcoin-Position und nicht aus dem Gros der Aktienpositionen. Hier muss regelmäßig nachjustiert werden, denn wenn der Bitcoin-Kurs wieder fällt, wird der Fondspreis ebenso in die Tiefe gerissen. So wird auch bei der Tesla-Aktie spannend sein, zu beobachten, inwieweit der Bitcoin-Kurs die Kursentwicklung der Aktie beeinflusst, nachdem Geschäftsleiter Elona Musik Firmengelder in Bitcoin investiert hat.
Unser Rat:
Bitcoin bleibt ein heißes Eisen. Die Meinungen zu der Kryptowährung gehen weit auseinander – die einen nennen es die größte Blase der Menschheit und prognostizieren einen Verfall auf Null, die anderen können sich ungezügelte Höhenflüge in den sechs- und sogar siebenstelligen Bereich vorstellen. Über den womöglich rosigen Aussichten hängt jedoch das Damoklesschwert der Regulierung durch Notenbanken und Politik und damit eine Gefahr, wie es das gelbe Edelmetall bereits kennt: der Besitz von Gold wurde immer mal wieder verboten. Das muss man im Hinterkopf haben, wenn man sich auf Kryptowährungen als zusätzliche Anlageklasse einlässt.