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Börse aktuell: Halbjahresbilanz tiefrot
2000 Punkte runter im Juni und seit Jahresanfang satte 20% Verlust – so sieht die Halbjahresbilanz im Deutschen Aktienindex DAX aus. Jenseits des Atlantiks herrscht ebenfalls Katerstimmung: auch der Dow Jones liegt seit Januar 15% unter seinen Höchstständen zum Jahreswechsel. Den Technologieindex NASDAQ hat es mit -30% sogar noch stärker erwischt. Gerade in der zweiten Reihe des NASDAQ sind krasse Verluste von 70-80% keine Seltenheit. Ein solches Kursgemetzel hat es seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben. Die aggressive Vorgehensweise der US-Notenbank Federal Reserve hat dafür gesorgt, dass Anleger Tabula rasa machen und alles aus dem Depot werfen, was bei einem sehr viel höherem Zinsniveau die Bewertung nicht rechtfertigt. Die Marktstimmung ist am Boden. Selten gab es eine Phase mit so vielen Krisen zur selben Zeit. Der Krieg in der Ukraine, die Lockdown-Serie in China, globale Lieferkettenunterbrechungen, explodierende Energiepreise und eine aus dem Ruder laufende Inflation.
Die allgemeine Misere wird vor allem bei Risikoinvestments deutlich, allen voran am Kryptomarkt: Schon seit Oktober ist der Bitcoin von knapp 69.000 USD auf mittlerweile unter 20.000 USD abgeschmiert. Die Krypto-Community diskutiert bereits, wie lange dieser „Winter“ anhalten wird. Schon jetzt sind die ersten Hedgefonds und Krypto-Plattformen an dem Kurssturz zugrunde gegangen. Eine Pleite könnte auch dem mittelamerikanischen Land El Salvador drohen, das keine eigene Währung besitzt, sondern den US-Dollar und seit 2021 als einziges Land weltweit zusätzlich den Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel nutzt und auch selbst massiv in Bitcoin investiert ist. Zum aktuellen Kurs hat El Salvador bereits mehr als 50 Millionen US-Dollar Miese angehäuft mit den Bitcoins, die zu einem durchschnittlichen Kurs von schätzungsweise 43.500 US-Dollar als Währungsreserve erworben wurden.
Im Vergleich dazu mögen die Verluste in manchem Aktiendepot noch überschaubar aussehen. Ohnehin gibt es gute Gründe dafür, zuversichtlicher zu sein, als es der aktuelle "Krisen-Cocktail" vermuten lässt. Oft liefern unsichere Zeiten eine gute Ausgangsbasis für ordentliche Gewinne in der Zukunft. Saisonal ist der Juli meist ein guter Börsenmonat - vielleicht sehen wir ja den Beginn einer Sommerrallye.
Vor allem das verbesserte Chance-Risiko-Verhältnis ist interessant. Trotz der deutlichen Kursverluste im ersten Halbjahr sind die Gewinnperspektiven wachstumsstarker und wettbewerbsfähiger Unternehmen weiterhin gut. Aktien von Unternehmen, deren Produkte und Dienste begehrt sind und die über genügend Preissetzungsmacht verfügen, bieten nicht nur Inflationsschutz, sondern langfristig auch reales Wertzuwachspotenzial.
Notenbankpolitik: Folgen der Zinswende
Die US-Notenbank (Fed) hat die Zinswende schon eingeleitet, die Europäische Zentralbank (EZB) folgt ihr demnächst. Welche Folgen hat das für Investoren, Kapitalmärkte, Banken und Staatsfinanzen?
Die Notenbanken beeinflussen die kurzfristigen Zinsen direkt, indem sie ihre Sätze erhöhen. Die langfristigen Sätze beeinflussen sie indirekt, indem sie weniger Zinspapiere als bisher kaufen: Dadurch sinken mit der Nachfrage die Kurse und im Gegenzug steigen automatisch die Renditen, weil die Zinskupons sich nicht verändern, aber zu einem niedrigen Kurs erworben werden. Höhere Zinsen sollen die Inflation bremsen, können aber auch zu einer wirtschaftlichen Flaute oder sogar einer Rezession führen.
Wie wirkt sich das auf die Anleihen aus?
Die Märkte reagieren schon im Vorfeld der eigentlichen Zinswende. Daher haben die Renditen in den USA und im Euroraum bereits deutlich zugelegt. Die Bundesanleihe mit zehnjähriger Laufzeit zum Beispiel wirft jetzt deutlich mehr als ein Prozent ab, nachdem die Rendite im vergangenen Jahr noch unter null lag. Sollte es zu einer Rezession kommen und sollten die Notenbanken vorsichtiger als bisher erwartet die Geldpolitik straffen, dann könnten die Prozentsätze auch wieder etwas sinken. Aber wahrscheinlich dürften sie noch weiter ansteigen, wenn die Notenbanken ungefähr so weitermachen wie erwartet.
Was ändert sich für Sparer?
Zunächst werden mit der Zinswende die Negativzinsen verschwinden - das ist die gute Nachricht. Auf der anderen Seite: Wegen der zurzeit hohen Inflation bleibt den Sparern real gerechnet noch weniger Ertrag als früher.
Wie reagiert der Immobilienmarkt?
Zuletzt waren Häuser und Wohnungen trotz hoher Preise wegen der niedrigen Zinsen gut zu finanzieren. Mit steigenden Zinsen ändert sich das. Auf Dauer dürfte das den Markt zumindest bremsen. Hinzu kommt: Wenn die Renditen in anderen Märkten steigen, sind vielleicht die Investoren nicht mehr bereit, sich mit sehr niedrigen Mietrenditen zufriedenzugeben. Das könnte die Werte der Immobilien ebenfalls unter Druck setzen.
Was bedeutet die Wende für die Aktien?
Wenn die Anleiherenditen steigen, ist das meist schlecht für die Aktien, weil die Anleger dann zum Teil in die als sicherer geltenden Zinspapiere umschichten. Hinzu kommt: Hoch bewertete Aktien, deren Kurse vor allem von Zukunftshoffnungen getrieben werden, verlieren bei steigenden Renditen kalkulatorisch an Wert. Denn die künftigen Erträge werden dann zu einem höheren Prozentsatz abgezinst, also auf den gegenwärtigen Wert umgerechnet. Auf der anderen Seite gelten Aktien gegenüber Anleihen immer noch als attraktiver, weil Inflation auch Umsätze und Gewinne aufbläst. Zuletzt sind aber deutliche Sorgen aufgekommen, die geldpolitische Wende könnte zu Rezessionen führen, unter denen wiederum die Unternehmensgewinne und damit die Aktien leiden würden. Das erklärt die zuletzt schwächere Börse.
Eignen sich Gold oder Bitcoin als Sicherheitspuffer?
Gold gilt als Inflationsschutz. Auf der anderen Seite wirft das Edelmetall keinen laufenden Ertrag ab, deswegen leidet der Preis tendenziell unter steigenden Renditen. Bitcoin und andere Kryptowährungen bringen ebenfalls keine laufenden Erträge. Außerdem gelten sie als hoch spekulativ und knicken daher meist ein, wenn die Anleger vorsichtig werden. Gerade bei Einbrüchen an der Aktienbörse haben sie sich daher bisher nicht als Sicherheitspuffer bewährt.
Welche Auswirkungen spürt die Finanzbranche?
Grundsätzlich sind höhere Zinsen meist gut fürs Zinsgeschäft, weil die Margen zwischen den Sätzen für Kreditnehmer und Sparer etwas wachsen. Die Finanzbranche bilanziert zudem nominal, also weitgehend unabhängig vom inflationsbedingt niedrigen Realzins. Auf der anderen Seite leiden Banken aber je nach geschäftlicher Position unter sinkenden Wertpapierkursen und rückläufigem Börsengeschäft. Außerdem könnte das Geschäft mit Immobilienkrediten gebremst werden. Und wenn die Zinswende zu einer Rezession führt, gibt es mehr Kreditausfälle, und das gesamte Firmenkundengeschäft läuft schlechter.
Für Versicherer sind in erster Linie auch die nominalen Renditen ausschlaggebend. Wenn sie steigen, bedeutet das eine wichtige Entlastung bei der Kapitalanlage, weil Versicherer stark auf relativ sichere Anlagen, und damit auf Anleihen, angewiesen sind. Auf der anderen Seite kann es aber auch in den Deckungsstockportfolien durch den Renditeanstieg zunächst zu Kursverlusten kommen.
Was bedeutet die Wende für die Regierungen?
Die Staatshaushalte werden stärker belastet als zuvor. Die Bundesregierung zum Beispiel muss jetzt wieder Zinsen bezahlen, nachdem sie zuvor welche bekommen hat. Auf der anderen Seite: Im Prinzip müssen die Staaten und deren Gläubiger mit realen Größen rechnen, also die - aktuelle oder noch besser die erwartete - Inflation abziehen. Denn bei Inflation sollten die Steuermittel ja auch anschwellen.
Hinzu kommt: Viele Staaten haben sich sehr langfristig zu niedrigen Zinsen verschuldet, sodass sich die höheren Prozentsätze erst nach und nach auswirken. Probleme könnten trotzdem hochverschuldete Eurostaaten bekommen. Deren Risikoaufschläge (Spreads), also die Differenz zu den Prozentsätzen zu den als sehr sicher geltenden deutschen Papieren, haben schon deutlich angezogen. Viele Ökonomen sehen aber in dem Punkt zumindest noch keine aktuelle Gefahr.
Behavioral Finance: Fünf Erfolgsregeln für unruhige Zeiten
Seit einigen Monaten überschlagen sich die wirtschaftlichen Ereignisse mal wieder und verunsichern Anleger rund um den Globus. Um an den Investmentmärkten nicht die Orientierung zu verlieren, können daher klare Regeln hilfreicher sein, als sich zu sehr auf Prognosen zu verlassen:
1. Vertrauen Sie auf den langfristigen Aufwärtstrend bei Aktien
Schaut man sich den ultralangen Chart eines Aktienindex an, etwa des amerikanischen S&P 500 seit 1927, wird offensichtlich: Trotz zeitweiliger Einbrüche weist der Trend ganz klar nach oben. Selbst jahrelange Einbrüche erscheinen im Rückblick als kleinere Korrekturen. Es ist kaum sinnvoll anzunehmen, dass sich dieser Aufwärtstrend bei Aktien grundlegend ändern wird. Schließlich verbriefen Aktien die Teilhabe am Produktivkapital. Und da seit Jahrzehnten global immer mehr Menschen daran mitarbeiten, wächst dieses Kapital immer weiter.
2. Definieren Sie Ihren Zeithorizont und bleiben Sie dabei
Wer erfolgreich Geld anlegen will, sollte einen vernünftigen Zeithorizont wählen. Bei einer Anlage mit Schwerpunkt Aktien sind mindestens zehn Jahre ein guter Schwellenwert. Das haben viele Anleger bereits gehört, doch wenn es an den Börsen zu wackeln beginnt, schwenken die meisten zu einer (sehr) kurzfristigen Betrachtung über. Dann zählt auf einmal, was gestern passierte und morgen wohl geschehen wird. Deshalb: Werden Sie sich vor Ihrem Investment klar, mit welchem Zeithorizont Sie an die Sache herangehen – und erneuern Sie innerlich immer wieder Ihren Entschluss.
3. Akzeptieren Sie Korrekturen am Aktienmarkt als unvermeidlich
Erinnern Sie sich noch an die Dotcom-Blase im Jahr 2000? Oder an die Finanzkrise im Jahr 2008? Damals dachte man, die Welt stehe vor dem Untergang. In der Tat waren das ausgewachsene Bärenmärkte, in denen Anleger viel Geld verloren haben. Wären sie dabeigeblieben, stünden ihre Depots nun aber ordentlich im Plus. Wer im Juni 2022 auf einen Chart des S&P 500 schaut, erkennt: Der Index steht inklusive Dividenden erheblich höher als vor dem Hoch vor der Finanzkrise. Das Beste ist daher, kleinere oder größere Korrekturen als unvermeidlich hinzunehmen.
4. Ignorieren Sie Nachrichten und Meinungen
In der aktuellen Gemengelage sind Zeitungen und Online-Portale voller schlechter Nachrichten und düsterer Einschätzungen der Zukunft. Hinzu kommen die unvermeidlichen Marktschreier, die mit reißerischen Untergangsprognosen ihren Lebensunterhalt verdienen. Am besten ignorieren Sie diese Quellen, soweit es Ihnen möglich ist! Zum einen hat die Börse diese Informationen vermutlich längst berücksichtigt, zum anderen werden Sie dadurch lediglich verwirrt und verunsichert. Weniger (Information) ist oft mehr.
5. Vermeiden Sie Aktionismus
In der Ruhe liegt die Kraft – deshalb empfiehlt es sich, möglichst wenig an einem diversifizierten Portfolio herumzuschrauben. Nur wenn sich die persönlichen Lebensumstände ändern, kann es notwendig sein, seine Positionierung zu hinterfragen. Auch hier sind Aktien als liquide Anlage von Vorteil, die Sie im Notfall jederzeit zu Geld machen können.
Unsere Einschätzung:
Aktien bleiben auch in der näheren Zukunft die attraktivste Anlageklasse, auch wenn es im aktuellen Umfeld voll externer Belastungen schwer erscheinen mag, Geld zu verdienen.
Wir empfehlen international aufgestellte Markenunternehmen, so wie wir es bei Dr. Lux & Präuner in unserem Anlagekonzept STARKE MARKEN praktizieren. Denn wer eine starke Marke besitzt, kann auch in einem Inflationsumfeld seine Preissetzungsmacht ausspielen. Zusätzlich setzen wir stärker auf US-Aktien und profitieren so aus Euro-Sicht von der laufenden Dollaraufwertung.