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Börse aktuell: Hausse ohne Masse
Aus der sonst üblichen Mai-Kursdelle wurde dieses Jahr ein Kurshuckel, denn der deutsche Aktienmarkt erreichte im Zuge des volumenschwachen Feiertaghandels an Christi Himmelfahrt sogar ein neues Allzeithoch. Damit konnte der DAX das schlechte Jahr 2022 wieder komplett ausgleichen und hat seit Oktober letzten Jahres stolze 4500 Punkte gewonnen – zum Trotz aller Bedenken hinsichtlich Inflation, Zinserhöhungen, Rezessionsgefahren etc. Wenn sich Ihr Depot also auch wieder etwa auf Höhe des Stands vom Jahreswechsel 2021/22 befindet, haben Sie alles richtig gemacht.
Die vollständige Erholung gilt allerdings tatsächlich nur für den deutschen Markt. Die US-Märkte haben ihre alten Höchststände noch nicht erreicht, auch wenn die aktuelle kometenhafte Rallye mancher Tech-Werte anderes vermuten ließe. Stattdessen lässt sich an der Wall Street gerade ein besonderes Phänomen beobachten:
Getrieben wird der Aktienmarkt dort vor allem von einer Handvoll von Schwergewichten. Seit Jahresanfang haben die fünf Big Techs Alphabet, Amazon, Apple, Meta und Microsoft jeweils mindestens 30% an Wert gewonnen, die Meta-Aktie hat sich dabei gar mehr als verdoppelt. Zum Teil mag es sich um eine technische Gegenreaktion nach dem Abschwung des vorigen Jahres handeln, aber es gibt auch einen neuen Treiber: Künstliche Intelligenz (KI). Dieser Zauberbegriff hievt aktuell alles in die Höhe, was davon profitieren könnte, angefangen bei der Chipbranche bis hin zu Software. Wie genau KI unsere Welt verändern wird, ist noch unklar, aber im Techbereich herrscht Aufbruchsstimmung – sowie zu den Anfängen des Internets. Hoffentlich wird es nicht zu einem Rohrkrepierer wie „Blockchain“.
An allen anderen Aktien, die nicht im KI-Schnellzug sitzen, scheint der Aufschwung jedoch vorbeizugehen. Wie ungleich die Aktienrallye bislang verläuft, zeigt nicht nur der Vergleich der großen Technologieaktien mit dem S&P 500 Index, sondern auch ein Blick auf den US Small Cap Index Russell 2000. Der Nebenwerteindex, dessen gesamte Marktkapitalisierung geringer ist als die von Apple, ist seit Jahresbeginn kaum über die Nulllinie geklettert.
So atemberaubend die Jahresperformance sowohl in den USA als auch in Europa ist, sie wird letztlich nur von einer sehr begrenzten Anzahl von Aktien getragen - weniger als 10 in den USA und weniger als 20 in Europa. In der Folge sind viele andere Marktsegmente günstig bewertet, bieten somit weiteres Kurspotential - auch für den Gesamtmarkt.
Anleihen: Kupon und Kurs
Nach der Zinswende der Notenbanken und dem Einbruch am Rentenmarkt im vorigen Jahr notieren viele ältere Anleihen weit unterhalb ihres Nennwerts. Anleger sollten daraus aber keine falschen Schlüsse ziehen.
Viele Anleihen, die in Niedrigzinszeiten mit einem Mini-Kupon emittiert wurden, notieren infolge der Zinswende an den Börsen weit unter pari (100%). Sind Rentenpapiere, die zu Kursen deutlich unter 100% gehandelt werden, nun etwa alle ausfallgefährdet? Nicht unbedingt. Zumindest lässt der Anleihenkurs keinen verlässlichen Rückschluss auf die Emittenten-Bonität zu.
Beispiel deutsche Staatsanleihe mit Fälligkeit im Februar 2030 und einem Kupon von null Prozent: die Anleihe notiert bei ca. 86%. Diese Anleihe hat offensichtlich die gleiche Ausfallwahrscheinlichkeit wie jeder andere Bond desselben Emittenten. Doch kürzlich emittierte Anleihen mit einem angemessenen Kupon werden zu 100% gehandelt. Dass hier die Kreditwürdigkeit in Frage stünde, wäre absurd. Stattdessen ist der niedrige Kurs dem aktuell höheren Zinsniveau im Vergleich zum Emissionszeitpunkt geschuldet. Eine Anleihe mit 0% Verzinsung ist bei einem aktuell erzielbaren Marktzins von bis zu 3% vom Kupon her schlichtweg unattraktiv. Deswegen erfolgt ein Ausgleich über den Kurs.
Deshalb sollten Anleger bei der Anleihenauswahl eher auf die Rendite einer Anleihe schauen. Diese berechnet den erwarteten Jahresertrag einer Anleiheinvestition und spiegelt somit die zukünftigen Kuponeinnahmen sowie die Kursgewinne oder -verluste vom aktuellen Marktkurs zum Rückzahlungskurs von 100% wider.
Eine Investition in eine Anleihe mit einem hohen oder einem niedrigen Kupon ist folglich gleichartig erfolgversprechend, solange sie die gleiche Rendite, die gleiche Restlaufzeit und das gleiche Kreditrisiko aufweisen. Hohe Kupons sind nicht unbedingt besser als Anleihen mit niedrigen Kupons, aber niedrigen Kursen. Für den Investor ist es ökonomisch unerheblich, ob seine Rendite aus Kupons oder Kursgewinnen herrührt. Allenfalls steuerlich könnte sich ein kleiner Vorteil zugunsten der einen oder anderen Variante ergeben: Kupon-Ausschüttungen müssen jährlich versteuert werden; Kursgewinne erst bei Laufzeitende bzw. bei Verkauf.
Sparanlagen: Eine Frage der Sicherheit
Laut einer Forsa-Umfrage glauben nur noch ein Drittel der Bundesbürger, dass ihr Geld bei einer Bank sicher aufgehoben ist. Finanzkrise, mickrige Zinsen, Bankpleiten und immer wieder neue Skandale haben über Jahre Zweifel an der Robustheit des Bankensystems geweckt. Viele Anleger haben daher ihre Gelder auf mehrere Banken verteilt, um das Risiko einer eventuellen Bankpleite zu streuen. Wie schnell man an den Abgrund geraten kann – auch eigentlich ohne Grund –, hat das jüngste Beispiel der Credit Suisse gezeigt.
Immerhin gibt es die gesetzliche Einlagensicherung von 100.000 EUR pro Bankkunde in der Europäischen Union. Dazu kommen die Sicherungssysteme bei den privaten Banken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die die Sparguthaben zusätzlich absichern sollen.
Doch wie sieht die über 100.000 EUR hinausgehende Sicherung aus, und ist sie sicher? Experten zweifeln daran. Das gilt umso mehr, als Sparer keinen einklagbaren Rechtsanspruch bei den freiwilligen Sicherungssystemen haben.
Bei den privaten Banken übernimmt der private Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) die über 100.000 EUR hinausgehenden Schäden, allerdings seit 1.1.2023 nur noch gedeckelt bis zu einem Betrag von 5 Mio. Euro pro Bank. Ab 2025 wird die geschützte Summe nur noch bei 3 Mio. Euro liegen und ab 2030 sogar nur noch bei 1 Mio. Euro pro Institut.
Sparkassen und Genossenschaftsbanken werben mit einer separaten Institutssicherung innerhalb des eigenen Solidarverbunds, ohne jedoch genau zu beziffern, wie hoch der Schutz im Einzelfall ausfällt.
Denn das Problem ist nicht der Einzelfall, sondern wenn sich mehrere Fälle häufen. Dabei geht es um enorme Summen: Laut Bundesbank haben Privatleute knapp 2 Billionen Euro auf Tages-, Festgeld- und Sparkonten angelegt. Bei einer großen Krise stößt da jedes Rettungssystem an seine Grenzen.
Wer deshalb überlegt, sich das nun wieder höhere Zinsniveau zu sichern, sollte daher nicht nur an klassische Bank- und Spareinlagen denken, sondern auch Anleihen in Erwägung ziehen. Insbesondere bei deutschen oder amerikanischen Staatsanleihen ist das Risiko, dass man sein Geld nicht zurückerhält, vernachlässigbar. Andererseits bieten Anleihen den zusätzlichen Vorteil, dass hier sogar Kursgewinne möglich sind, wenn das Zinsniveau wieder sinkt, während Bankzinsen über die Laufzeit festgeschrieben sind.
Außerdem genießen Wertpapiere im Depot (z.B. Aktien, Anleihen, Investmentfonds/ETFs) im Gegensatz zu Spareinlagen bei der Bank ein besonderes Privileg: Wertpapiere werden im Konkursfall einer Bank vom Bankvermögen ausgesondert und fließen – anders als Bankeinlagen – nicht in die Konkursmasse einer Bank ein. Die Depotwerte bleiben dem Depotinhaber also erhalten, während Geld auf Giro- oder Sparkonten unter Umständen im Feuer steht.
Unser Rat:
Wer trotzdem lieber auf Tages- und Festgelder oder Spareinlagen setzt, sollte höhere Anlagesummen auf mehrere Banken verteilen. Achtung – wer ausländische Banken auswählt, sollte darauf achten, welche Einlagensicherung gilt. Bei einigen Banken mit Sitz im Ausland gilt oftmals nur eine geringere nationale Sicherung.